Screenshot der Corona School Homepage. "Corona School e.V. #WissenstattVirenaustauschen Lernunterstützung für Schüler*innen durch Studierende."

Thema 2020: Die Corona School

Der heutige Beitrag hat nicht direkt etwas mit Büchern oder Filmen zu tun. Stattdessen möchte ich eine Sache vorstellen, die in meinen Augen eine ganz wunderbare Angelegenheit ist. Es ist ein Zeichen der gegenseitigen Unterstützung in schwierigen Zeiten. Und es ist ein Zeichen dafür, dass die Jugend sich kümmert, und zwar heute mehr denn je.

Ich spreche vom Corona School e.V.

Die Corona School ist ein gemeinnütziger, deutschsprachiger Verein, der Studierende, die sich dazu breit erklären, in ihrer Freizeit ehrenamtlich Nachhilfe zu geben, an Schüler*innen vermittelt, die durch die covidbedingten Schulschließungen den Anschluss verloren haben und mit ihrem Schulstoff kämpfen.

Das klingt erst mal nach einem tollen Konzept, oder? Ist es auch!

Die Vision von Solidarität

Auf ihrer Website klagen die Initiatoren der Corona School die Konsequenzen für die Schüler*innen an, welche durch die Stilllegung des öffentlichen Lebens im März dieses Jahres hervorrief. Wessen Eltern ihre Kinder aus Bildungs- oder Zeitgründen nicht oder nur wenig bei ihrem Lernstoff unterstützen konnten, die*der fand sich unwiederbringlich vor einem schier nicht zu bewältigenden Berg voller Steilhänge und Schluchten. Doch auch jene Eltern, die selbst Unterstützung bieten konnten, sind zum einen keine Lehrerenden – ja, auch wenn ich meine Vorbehalte gegenüber der Lehrer*innenausbildung an deutschen Hochschulen habe, kann ich nicht leugnen, dass dieser Beruf einer der wichtigsten unserer Gesellschaft ist! – und andererseits können auch sie inmitten aller Verpflichtungen natürlich nicht über einen längeren Zeitraum die notwendige Zeit aufbringen, um eine erforderliche schulische Unterstützung zu gewährleisten. Vom digitalen Unterricht und den Unterstützungskonzepten der Schulen möchte ich gar nicht erst reden. Natürlich mag es Lehrende geben, die digitale Methoden geschickt und sinnvoll einzusetzen wissen, aber nach allem, was ich über verschiedene Kanäle mitbekommen habe, scheinen diese Exemplare zweifelsfrei in der Minderheit zu sein.

Der Großteil des Unterrichts an deutschen Schulen war seit März dieses Jahres wirklich unzumutbar, was ebenso auf unzureichende Betreuung und im selben Zuge unangemessene Erwartungen der Lehrenden zurückzuführen ist, wie auf die fehlende Medienkompetenz und Selbstdisziplin der Schüler*innen. Doch wer kann es letzteren verübeln? Es ist noch kein Genie im autonomen Lernen vom Himmel gefallen, mit plötzlich digitalen Lernkonzepten weiß man nicht über Nacht umzugehen und niemand – wirklich niemand! – kann von den Kindern verlangen, sich die französische Grammatik oder die Physikformeln «einfach so» selbst beizubringen. Mit anderen Worten: Im Frühjahr 2020 rächten sich die jahrelangen Defizite der deutschen Schulen in Bezug auf Digitalisierung und moderne Unterrichtsformen gnadenlos.

An dieser Stelle kam schließlich die Corona School ins Spiel. Denn mit den Schulen waren natürlich auch die Universitäten geschlossen. An den meisten Hochschulen wurde im Sommersemester eine Art digitales Semester abgehalten, aber auch hier taten sich mehr Probleme als Lösungen auf. Was das für die Studierenden bedeutete? Mit der Ausnahme von ein paar Seminaren, die als Videokonferenz abgehalten wurden, hatten die meisten nicht mehr viel zu tun, zumindest nicht für das Studium. Also kam eine Handvoll Studierende auf die Idee, die Situation der Studierenden fruchtbar zu machen, indem jene und die stark unter der Pandemie leidenden Schüler*innen zusammengebracht werden. Ein besonderer Gedanke galt hier sicherlich denjenigen Schüler*innen, deren Eltern sich womöglich gar keine professionelle Nachhilfe oder Lernunterstützung für ihre Kinder leisten können. Die Corona School war geboren.

Wie es funktioniert

Screenshot der Corona School Homepage: "HAUSAUFGABEN Die Student*innen der Corona School unterstützen dich bei der Bearbeitung deiner Schulaufgaben, ganz gleich, ob Aufgabenbetreuung, Abiturvorbereitung oder Nachhilfe. VERSTÄNDNIS Bei Verständnisschwierigkeiten wiederholen unsere Student*innen den Stoff in aller Ruhe mit dir und schauen, wo es hakt. FRAGEN Auch bei Fragen zum Studium kannst du dich an die Student*innen der Corona School wenden, um von individuellen Antworten zu profitieren."
Quelle: https://www.corona-school.de/schueler

Die Lernunterstützung der Corona School findet – selbstredend – auf einer digitalen Basis und völlig kostenlos statt. Schüler*innen beziehungsweise Eltern registrieren sich ganz einfach mit Namen und einer gültigen E-Mail-Adresse, die für die Kontaktaufnahme gebraucht wird. Ansonsten muss nur noch ausgewählt werden, ob man sich für das klassische Nachhilfeformat und/oder für einen der Gruppenkurse interessiert, und um welche Klassenstufe und Fächer es geht. Dann heißt es warten…

Studierende müssen im Prinzip exakt die gleichen Angaben ausfüllen: Name und gültige E-Mail-Adresse, die Art der angebotenen Unterstützung, also individuelle Nachhilfe oder Gruppenunterricht, und für welche Fächer und Klassenstufen sie zur Verfügung stehen. Für Studierende gibt es allerdings noch einen weiteren Schritt. Um die Sicherheit der Schüler*innen zu gewährleisten, muss jede*r Studierende via Videochat ein persönliches Kennenlerngespräch mit einer*m Beteiligten der Corona School absolvieren, in dem die Aufgaben und das weitere Vorgehen geklärt wird.

Der nächste Schritt ist schließlich das Matching. Da selbstredend weniger Studierende als Schüler*innen angemeldet sind, dauert die Vermittlung für letztere je nach Fächerwunsch etwas länger. Allerdings nehmen viele Studierende wiederum zwei oder mehr Schützlinge auf, was wiederum ein wenig Gleichgewicht schafft. Innerhalb weniger Tage bis Wochen erhalten Schüler*innen und Studierende jeweils die elektronischen Kontaktdaten ihres Matches. Die Corona School stellt für ein erstes Kennenlerngespräch zwischen Schüler*innen und Studierenden noch einen Konferenzraum auf der kostenlosen Videochat-Plattform Jitsi zur Verfügung, der Rest wird schließlich dem nun zusammengebrachten Paar überlassen.

Die Lernhilfe selbst findet natürlich ebenfalls auf digitalem Wege statt, wobei die konkreten Methoden völlig frei wählbar sind. Ob man weiterhin den Bereitgestellten Jisti-Link nutzt, oder lieber auf Zoom, Skype oder WhatsApp wechselt, ist jedem Paar selbst überlassen. Ebenso die Regelmäßigkeit und die konkrete Form der Nachhilfe. Videochat, E-Mail, Telefonat, WhatsApp – der Kreativität sind an dieser Stelle keine Grenzen gesetzt.

Ich bin dabei! Du auch?

Ich selbst meldete mich erst relativ spät, nämlich im Mai dieses Jahres, als Studentin bei der Corona School an. Damals war ich – natürlich ebenfalls aufgrund einer coronabedingten Verzögerung! – noch in der Universität eingeschrieben, hatte mein Studium aber eigentlich längst abgeschlossen. Obwohl ich die Fächer Deutsch, Englisch, Französisch und Philosophie für alle Klassenstufen anbot, wurde ich letztendlich innerhalb weniger Tage nur für Französisch an zwei Schüler*innen der sechsten und achten Klasse Gymnasium vermittelt. Beide hatten aufgrund des Schulausfalls und im digitalen Umfeld offenbar nicht sehr kompetenter Lehrkräfte nicht nur starke Defizite im Fach Französisch, sondern geradezu jede Hoffnung aufgegeben.

Beide Schüler*innen unterrichte ich nun seit sechs Monaten jeweils ein bis zwei Mal in der Woche. Die ehrenamtliche Arbeit bereitet mir großen Spaß, ohne, dass ich mich oder mein Umfeld dabei unnötigen sozialen Kontakten aussetzen muss. Social Distancing ist schließlich immer noch aktuell, bei den aktuellen Zahlen mehr denn je. Im vergangenen halben Jahr konnte ich mit Freuden beobachten, wie beide Schüler*innen nicht nur in Bezug auf den Stoff und Lehrplan langsam, aber stetig, aufholten, sondern auch zunehmend bessere Leistungen erzielten und sogar wieder ein bisschen Spaß am Fach Französisch entwickelten. Dabei sind beide ehrgeizig und nehmen die Lernunterstützung aus eigenem Antrieb wahr.

Heute bin ich zwar keine Studentin mehr, werde aber zumindest die beiden mir bisher vermittelten Schüler*innen weiterhin unterstützen, solange es zeitlich machbar ist. Es ist eine ehrenamtliche Tätigkeit, die relativ wenig Aufwand erfordert, deren Früchte man aber beim wachsen geradezu beobachten kann. In Zeiten der sozialen Distanz ist es außerdem völlig unbedenklich und bringt keinerlei Verpflichtungen mit sich.

Die Corona School ist noch immer aktiv und freut sich über neue Studierende. Wenn Du also in Deinem Studium gerade wenig zu tun hast und dich in der aktuellen Situation gerne gesellschaftlich engagieren möchtest, wieso schaust Du nicht einfach mal auf der Homepage der Corona School vorbei? Es handelt sich immerhin um eine wunderbare Sache und nach sechs Monaten als ehrenamtliche Nachhilfelehrerin kann ich den Verein guten Gewissens weiterempfehlen!

Vielleicht bist Du selbst auch Schüler*in oder Elternteil und weißt nicht, wie du im Ernstfall eine erneute Schulschließungswelle meistern sollst? Die Corona School ist auch für Eltern und Schüler*innen völlig kostenfrei und genau für diese Situation ins Leben gerufen worden. Scheue Dich nicht, einmal auf der Website der Corona School vorbei zu schauen. Eine Registrierung ist komplett unverbindlich und erfordert lediglich die zur elektronischen Kontaktaufnahme erforderlichen persönlichen Daten.

Ich bin dabei. Du auch?


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