Mit dem Dschungelbuch brachte Disney 1994 die erste Realverfilmung der «Disney-Meisterwerke» in die Kinos. In den darauffolgenden 20 Jahren landeten sie mit 101 Dalmatiner (1996) samt Nachfolger 102 Dalmatiner (2000), der allerdings im Gegensatz zum ersten Teil nicht auf dem entsprechenden Zeichentrickfilm basierte, Alice im Wunderland (2010) und Maleficent (2014) zunächst wenige, aber durchaus solide Erfolge. Doch gerade in den vergangenen Jahren nahm dieser Trend immens an Fahrt auf, sodass wir uns nun mindestens im Jahresrhythmus auf neue Disney Classics Remakes freuen dürfen.
Obgleich der neue Hype um Disney viel Begeisterung rund um den Globus erfährt, sind auch die Kritiken enttäuschter oder gar empörter Fans nicht zu unterschätzen. Dabei halte ich es geradezu für eine Sünde, die Qualität der neuen Realverfilmungen der Klassiker an deren jeweiliger Nähe zur Trickfilmvorlage zu messen. Denn in diesen Filmen steckt so viel mehr!
In diesem Sinne sollen die Beiträge zum Thema «Disney Goes Real» mit einem meiner Lieblinge beginnen: Mulan lief im September 2020 in den Kinos beziehungsweise – aufgrund der leidlichen Pandemie-Situation – in erster Linie als Prämiumtitel auf Disney+. Seit Anfang Dezember 2020 ist Mulan schließlich für alle Disney+-Abonnenten ohne Aufpreis verfügbar und außerdem auf BluRay und DVD erhältlich.
Mulan als genuin feministische Figur
Schon vor der Premiere wurde Mulan (2020) mehrfach mit Shitstorms überzogen – sowohl politischer (zurecht!) als auch inhaltlicher Natur. Auf die politisch motivierte Kritik gehe ich an dieser Stelle nicht weiter ein, denn darüber wurde schon von vielen Seiten ausführlich und besser berichtet, als ich das könnte. Hier konzentriere ich mich auf eine inhaltliche Analyse der Handlung. Wer aber gerne mehr darüber wissen will, dem möchte ich z.B. diesen Beitrag von der Süddeutschen Zeitung an die Hand geben.
Die inhaltliche Kritik fiel demgegenüber sehr viel banaler, aber auch emotionaler aus. Etwa, als die Info an die Oberfläche trieb, der quirlige Minidrache Mushu sei als Sidekick im Realfilm nicht mehr vertreten. Auch die Ankündigung, in der Neuverfilmung würde auf die beliebten Disneysongs verzichtet, stieß im Vorfeld auf enormen Widerstand.
So viel zu den kritischen Schwarzseher:innen. Nach der Veröffentlichung konnte sich der Kritikspiegel dank zahlreicher lobender Bewertungen einschlägiger Portale, wie etwa Rotten Tomatoes oder Filmstarts.de, wieder ausgleichen. Die User:innenbewertungen dagegen beharren weiterhin auf einem stark durchwachsenen Konsens…
In meinen Augen ist Mulan (2020) allerdings ein wunderbarer Film. Und das hat neben der gelungen Umsetzung als bildgewaltiges Action-Abenteuer mit packenden Kampfszenen vor allem einen Grund: Die Figur Mulans überzeugt in der Neuverfilmung – anders als in der Zeichentrickvorlage – als genuin starke, selbstbewusste und vor allem feministische junge Frau.
Hinweis: Dies ist keine Review, sondern eine detaillierte inhaltliche Besprechung des Films. Aus diesem Grund lässt sich der ein oder andere Spoiler nicht vermeiden. Wer den Film lieber unvoreingenommen genießen möchte, sollte die Lektüre dieses Artikels so lange vertagen. 🙂
1) Mulan ist keine Kindergeschichte
Antike Legende light
Entgegen aller Einsprüche und dem Konstrukt eines Disney-Musikfilms ist Mulan kein Kinderfilm. Dies gilt in gewisser Weise schon für den Zeichentrickfilm von 1998, aber umso mehr für die Live-Action-Neuverfilmung.
Die meisten Disneyklassiker basieren auf einem Märchen oder einer Legende. In Mulans Fall handelt es sich um das chinesische Volksgedicht Ballade von Mulan (木蘭辭), das seinen Ursprung vermutlich Mitte des ersten Jahrhunderts fand und nach mehreren hundert Jahren der mündlichen Überlieferung erstmals im sechsten Jahrhundert nach Christus schriftlich festgehalten wurde. Über die Epochen hinweg entwickelten sich bis heute unzählige Versionen und Varianten der Erzählung – die beiden im europäischen und amerikanischen Raum Bekanntesten stammen dabei natürlich aus dem Hause Disney.
Die beiden Mulan-Interpretationen Disneys gleichen sich insofern, als sie von der weiblichen Selbstermächtigung im streng patriarchalen Umfeld des mittelalterlichen Chinas handeln. Es geht um Krieg, um Grausamkeit und um eine junge Frau, die alles auf das Spiel setzt, um ihren Vater zu schützen und eine Rolle einzunehmen, die ihr lediglich aufgrund der gesellschaftlichen Zwänge in Bezug auf das ihr zugesprochene Geschlecht verwehrt wird. Dabei packt Disney, wie so oft, eine ursprünglich grausam-realistische Erzählung in das Korsett eines Kinder- bzw. Musikfilms.
Mulan ist keine Disneyprinzessin
Sicherlich sorgen die tierisch-phantastischen Sidekicks Mushu und die namenlose Grille sowie die exzentrischen Geister der familiären Ahnen im Zeichentrickfilm für eine gehörige Portion kindgerechter Komik. Spätestens mit der Romanze zwischen Mulan und dem jungen, gutaussehenden und überhaupt betont männlichen Hauptmann Li Shang hat der Film zudem alles, was ein klassischer Familienfilm in der Fahrspur Disney’scher Tradition braucht.
Den gesellschaftskritischen und normenhinterfragenden Thematiken, die in der ursprünglichen Erzählung von Mulan angelegt sind, wird der Disneyfilm von 1998 dafür umso weniger gerecht. Sie werden zwar angesprochen, aber zugleich auf eine Art geframet, welche die brave Tochter in den Mittelpunkt rückt. Mulan möchte doch eigentlich nur alles richtig machen und schließlich heiraten, um ihrer Familie als Frau Ehre zu bereiten – ganz die typische Disneyprinzessin. Die klassisch-bildgewaltigen Lieder im Film unterstreichen diese simplifizierte und leicht verdauliche Variante einer uralten Krieger:innenlegende. Auch auf einen nachvollziehbaren Charakteraufbau wird zugunsten einprägsamer, aber nunmal auch eindimensionaler Stereotype beinahe gänzlich verzichtet.
In der Neuverfilmung hadert die Protagonistin dagegen wiederholt mit dem ihr auferlegten Rollenbild und den Erwartungen ihrer Familie, denen sie schlichtweg nicht entsprechen kann. Da ihr Vater Mulan als Kind alle Freiheiten gelassen hatte, konnte sie ihre eigene Persönlichkeit entwickeln. Und zu dieser gehört nunmal ihre Leidenschaft für das Körperliche, für die absolute Einheit mit ihrer Umwelt – kurz gesagt, Mulan beherrscht ihr Chi sehr gut. Blöd, dass dieses Privileg doch ausschließlich Männern vorbehalten sein soll…
2) Mulan ist gesellschaftskritisch
Die richtige Musik für das discrimination feeling
Mit dem erzählerischen Grundgerüst einer Protagonistin, die ihr Zuhause aufgrund äußerer Umstände verlassen muss, in der Fremde eine Charakterentwicklung durchmacht und schließlich nach Hause zurückkehrt, um letztendlich brav den ihr bestimmten Platz einzunehmen, wirkt Mulan (1998) wie eine light-Version von Der König der Löwen (1994). In diesem Vergleich fällt zwar auf, dass schon der Zeichentrickfilm eine im Gegensatz zu anderen Disneyfilmen der 90er und 2000er Jahre extrem geringe Dichte an gesungenen Liedern besitzt. Es sind insgesamt nur vier, wobei die letzten beiden in erster Linie dazu dienen, zeitraffende Sequenzen zu untermalen:
- «Honor to Us All» («Ehre für das Haus»)
- «Reflection» («Wer bin ich?»)
- «I’ll Make a Man Out of You» («Seit ein Mann»)
- «A Girl Worth Fighting For» («Die Frau, für die ein Kampf sich lohnt»)
Allerdings problematisiert keines der Lieder etwa die prekäre Lage der Protagonistin oder bestärkt die junge Frau in ihrer Persönlichkeit oder in ihrer Identitätsfindung. Stattdessen plakatieren sie allesamt ungeniert die gesellschaftlichen Rollen der Geschlechter: Von der Stilisierung der «idealen» (Ehe-)Frau in «Honor to Us All» und «A Girl Worth Fighting For», die das Weibliche stumpf objektifizieren, über das vor Selbstzweifel triefende Klagelied einer Protagonistin mit dem Wunsch, einer aufgestülpten Rolle zu entsprechen, in «Reflection», bis hin zur schamlosen Glorifizierung des Männlichen in «I’ll Make a Man Out of You». Ehrliche Selbstreflexion von Seiten Mulans? Pustekuchen! Mulans ernsthafter, innerer Konflikt, ihr eigenes Selbst und ihren Platz in der Gesellschaft zu finden? Nicht mal ein Fünkchen ist zu spüren! Vielleicht sogar eine kritische Dekonstruktion des klassischen Frauenbildes? Da könnt ihr lange suchen! Die musikalische Untermalung lässt also jede Spur der in der Erzählung von Grund auf angelegten Gesellschaftskritik vermissen. Es handelt sich vielmehr um einen krampfhaften Versuch, aus der Legende von Mulan eine Kindererzählung zu erzwingen…
Ernsthafte Auseinandersetzung statt lustiges Singalong
Der Realfilm von 2020 besinnt sich dagegen deutlich stärker auf die Ursprünge der Volkslegende. Zu diesem Zweck ersetzt er die Komik und bunte Unterhaltung seiner unmittelbaren Vorlage durch ernste und vor allem ernsthafte Szenen, welche die Balance zwischen einem fundierten Charakteraufbau und imposanter Actionsequenzen suchen. Zudem steht hier Mulans Weiblichkeit und ihre Ebenbürtigkeit gegenüber dem Männlichen im Mittelpunkt, wie der folgende Abschnitt eingehender thematisiert. Die Protagonistin muss sich nicht anpassen und am Ende auch nicht heiraten, sondern nimmt als stolze Frau und Kriegerin ihren Platz unter den Offizieren der kaiserlichen Garde ein. Der Schritt zum völligen Verzicht auf den inhaltlich problematischen, aber atmosphärisch auflockernden Musical-Flair und den – erzähltechnisch völlig überflüssigen, dafür, seien wir ehrlich, umso nervigeren – Minidrachen ist vor diesem ernsten Hintergrund nur die logische Konsequenz.
3) Mulan ist eine starke Frau
Stärke für den Mann, Intelligenz für die Frau
Mulan ist im Realfilm sowohl stärker als auch weiblicher als im Zeichentrick. Der Disney-Klassiker von 1998 beginnt mit einer jungen Frau, die verzweifelt nach der Anerkennung in den Augen aller anderen strebt. Um ihrer Familie als Frau Ehre zu bereiten, muss sie der Heiratsvermittlerin ihre perfekten Manieren und Sitten präsentieren, um ihre Chancen auf einen guten Ehemann zu erhöhen. Doch Mulan ist, kurz gesagt, nutzlos – und zwar in so ziemlich allem. Sie kann den Erwartungen ihrer Familie nicht gerecht werden, ganz zu Schweigen von denjenigen der Heiratsvermittlerin, wobei sie in den Augen der anderen Dorfbewohner generell als hoffnungsloser Fall dargestellt wird. Überhaupt ist sie durch und durch Tollpatsch, ist nicht glücklich in ihrer sozialen Rolle, hat keinen eigenen Charakter, aber wünscht sich eigentlich nur, das zu sein, was alle in ihr sehen: Eine gesellschaftsfähige, hübsche, stille junge Frau, die niemals ihre Gefühlsregungen zur Schau trägt und Männern gegenüber nicht das Wort erhebt.
Nachdem Mulan in ihrer gesellschaftlichen Rolle als «Frau» auf ganzer Linie versagt und nichts weiter als ein unglückliches Mädchen übrig bleibt, fasst sie den Entschluss, undercover den Dienst ihres Vaters als Soldat wahrzunehmen. Doch auch im Trainigscamp stößt sie unablässig an ihre Grenzen und scheint gar ohne den – männlichen! – Minidrachen Mushu kaum überlebensfähig in diesem testosteronüberfluteten Mikrokosmos. Dabei stellt sie sich in der Kriegerausbildung nicht etwa so ungeschickt an, wie es bei neuen Rekruten zu erwarten und ebendeshalb bei all ihren Kollegen der Fall ist, sondern übertrifft das gesamte Camp mit ihrer Schusseligkeit, sodass sie vom jungen, kompetenten und – natürlich! – gutaussehenden Hauptmann bald nach Hause geschickt wird. Erst als sie erkennt, dass sie ihre fehlende – da offenbar den Männern vorbehaltene – körperliche Kraft und Geschicklichkeit durch ihre (weibliche) Intelligenz wettmachen kann, findet sie ihren Platz in diesem neuen Umfeld. In einem kurzen Zusammenschnitt beobachten wir daraufhin die Rekruten, wie sie nun allesamt plötzlich und wie von Zauberhand die schwierigsten Übungen meistern – inklusive Mulan. Die Erklärung, was ihre Intelligenz an dieser Stelle mit ihren körperlichen Fähigkeiten zu tun hat, bleibt uns der Film schuldig. Hello, sweet plothole!
Intelligente Männer und starke Frauen?
Im Kontrast dazu beginnt der Realfilm Mulan (2020) ganz anders. Von Anfang an sehen wir ein kleines Mädchen und später eine junge Frau, die sich gerne bewegt, reitet und nicht zuletzt ihr Chi trainiert – einfach, weil es ihr liegt und Spaß macht. Der Film beginnt mit der Stimme ihres Vaters, der erklärt, dass er es nie über das Herz gebracht hat, seine quirlige Tochter diesbezüglich zu maßregeln und zu dem heranzuziehen, was von einer «richtigen» Frau erwartet wird. Einen entsprechenden Ruf hat die junge Mulan im Dorf, die als Frau, die ihr Chi beherrscht, hinter vorgehaltener Hand sogar als Hexe beschimpft wird.
Mehrmals spricht Mulan ihrem Vater gegenüber an, dass sie besser als Sohn hätte geboren werden sollen, da sie dann ohne Hindernisse die Rolle in der Familie einnehmen könnte, für die sie sich aufgrund ihrer geistigen und körperlichen Fähigkeiten (!) berufen fühlt. Dies bezieht sich dabei weniger auf ihre Geschlechtsidentität, als vielmehr auf die gesellschaftliche Position, die ihr aufgrund ihrer Weiblichkeit auferlegt wird und mit der sie sichtlich hadert. Dieser Kontext lässt im weiteren Verlauf des Films umso glaubwürdiger erscheinen, dass Mulan den anderen Rekruten aus körperlicher Sicht in keinster Weise nachsteht. Mit ihren Fähigkeiten im Kampf und ihrer bereits als Kind erlernten Beherrschung des Chi zählt sie von Beginn an zu den Besten der Truppe und verbessert ihr Können – analog zu ihren Kollegen – über den Verlauf der Kriegsausbildung stetig. Schließlich zählt in der Kampfkunst auch für die Männer weit mehr als die bloße Muskelkraft, die Mulan mit dem entsprechenden Training allerdings selbstverständlich auch als Frau aufbaut.
«She’s the best warrior amongst us»
Insgesamt liegt Fokus in Mulan (2020) also ganz klar darauf, dass sie den Männern körperlich wie geistig mehr als ebenbürtig ist. Auch die Tatsache, dass sich Mulan im Realfilm gegenüber ihrem Bataillon bewusst und willentlich offenbart, anstatt im Rahmen einer medizinischen Behandlung «aus Versehen» enttarnt zu werden, wie es im Zeichentrick geschieht, stärkt die Figur als selbstbewusste und mutige Frau, die sich ihrer Weiblichkeit nicht zu schämen braucht. Als Mulan erkennt, dass ihr Wert als Person nicht aus Geschlechterrollen, sondern aus Taten entsteht, nimmt sie ihr Frausein bedingungslos an. Dabei wird sie von ihren Kameraden unterstützt, die dem entrüsteten Kommandanten die Frage stellen:
You would believe Hua Jun, why do you not believe Hua Mulan? She risked everything by revealing her true identity. She’s braver than any man here. She’s the best warrior amongst us.
(„Ihr würdet Hua Jun glauben, wieso nicht Hua Mulan? Sie hat alles riskiert, als sie ihre wahre Identität offenbart hat. Sie ist mutiger als alle Männer hier. Sie ist der beste Krieger unter uns.“)
Diese Szene zeigt einmal mehr: Das Patriarchat fürchtet in erster Linie die Stärke einer emanzipierten Frau. Neben Mulan selbst wird das auch in der Figur Xianniangs unterstrichen, die im Realfilm neu aufgenommen wurde. Xianniang repräsentiert das Gegenstück Mulans als eine Frau, die ihr Chi beherrscht und aus diesem Grund von der Gesellschaft als Hexe beschimpft und ausgestoßen wird. Dass es sich bei ihr um keine genuin böse Figur handelt, wird spätestens in dem Moment offenbar, als Mulan ihr beweist, dass es doch einen Platz für «Frauen wie sie» in der Gesellschaft gibt – denn diesen Platz zu finden, ist ihr einziges, (v)erbittertes Ziel.
Frauen und Männer – doch nicht so unterschiedlich?
When a pair of rabbits run side by side, who can distinguish male from female?
(„Wenn ein paar Kaninchen nebeneinander rennen, wer kann das Männliche von dem Weiblichen unterscheiden?“)
Mit dieser ikonischen, das gesellschaftliche Geschlechterbild herausfordernden Frage kommentiert der chinesische Originaltext das Ende der Ballade – und mit der selben Frage beginnt auch der Live-Action-Streifen Mulan von 2020. Schon mit diesem Einstieg wird klar, dass sich der Film weniger auf seinen Disney-Vorgänger als vielmehr auf die überlieferte Ballade bezieht: eine gereimte Erzählung, in der Mulan ganze 12 Jahre als Krieger unter ihresgleichen lebt, bevor sie ihren Kameraden ihre weibliche Identität offenbart. Weder ihr Verhalten, noch ihre Fähigkeiten oder ihre Persönlichkeit ließen die anderen Soldaten an ihrer vermeintlichen Männlichkeit zweifeln. So dekonstruiert schon die antike Legende das klassische und über viele Jahrhunderte vorherrschende Frauenbild.
In ähnlicher Weise greift nun auch die Mulan-Neuverfilmung die gesellschaftlichen Rollenbilder auf und führt sie ad absurdum. Mulan ist eine Frau und Kriegerin, erfolgreich, stark und vielen Männern in deren vermeintlichem «Spezialgebiet», der Kampfkunst, überlegen. Als solche wird sie – nach dem sie ihre wahre Identität aus freien Stücken heraus offenbart! – auch von ihrem Bataillon und dem Kaiser erkannt und akzeptiert.
Loyal, brave, and true – das ist das Mantra eines jeden Kriegers. Mit dem letzten Teil hadert Mulan in ihrer neuen, männlichen Rolle im Verlauf des Films zunehmend. Denn mit ihrer verborgenen Identität kann sie das Gebot der Wahrhaftigkeit niemals erfüllen. In dem Moment allerdings, als sie diese gemeinsam mit ihrer Weiblichkeit bedingungslos annimmt, läuft sie zur vollen Form auf und rettet das Leben des Kaisers in einer Reihe mitreißender Actionsequenzen.
Und das ist der Grund, warum ich mir Mulan (2020) immer wieder gerne anschaue. Der Film besticht nicht nur durch seine Bildgewalt, actionreiche Kampfszenen und authentische, facettenreiche Protagonist:innen, sondern auch durch seine gelungene und moderne Aufarbeitung der Thematiken, die schon in der ursprünglichen Legende angelegt sind. Die Protagonistin findet letztendlich ihren Platz in der Gesellschaft, ohne sich länger verstecken zu müssen und ohne Kompromisse einzugehen.
Wer sich doch lieber selbst ein Bild machen möchte…
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